Knapp eine Million neue Haustiere sind in den vergangenen beiden Pandemie-Jahren in Deutschlands Haushalten eingezogen. Die Möglichkeit, im Home-Office arbeiten zu können, hat bei vielen das Hauptproblem der fehlenden Zeit für einen Hund erst einmal gelöst. Das Nächste folgt aber direkt: Wer hilft bei der Erziehung und Sozialisierung, wenn keine Hundeschulen geöffnet haben?
Text: Ines Brüling
Ich bin Ines und studiere im 1. Semester im Waldnaturschutz-Master an der forstlichen Fakultät. Meine Freizeit spielt sich überwiegend draußen mit meinen beiden Hunden ab: Spaziergänge im Wald, Hundesport und Drückjagden im Herbst.
Als Studentin der Forstwissenschaften darf ein Hund an meiner Seite nicht fehlen. In unserem Wohnheim im Kellnerweg werden Haustiere geduldet. So sind allein im vergangenen Jahr knapp 15 Welpen dazugekommen. Die Frage, wie wir Sozialisierung und Grunderziehung aktuell umsetzten können, steht im Mittelpunkt der Gespräche bei mir und meinen Freund*innen..
Gehorsam als Vergnügen
Bei einer Spazierrunde am Morgen diskutieren wir eine Alternative zur Hundeschule. Meine gute Freundin Laura berichtet uns von „Rally Obedience“. Ein Hundesport aus den USA, der sich durch das Zusammenspiel von Mensch und Hund zur Ausführung von Übungen auszeichnet. Ich bin direkt Feuer und Flamme. Was ist denn besser, als dem Hund „Gehorsam“ beizubringen und daraus noch eine Art Spiel zu machen?
Das erste Mal
Am Nachmittag geht es bei bestem Wetter für fünf von uns auf eine Wiese nahe unseres Wohnheims. Wir packen unsere Hunde und eine Unmenge von Leckerlis ein. Auf der ausgewählten „Trainingswiese“ angekommen, fängt Laura an, die einlaminierten Schilder mit dünnen Metallstäben in den Boden zustecken. Zum Schluss ist vor uns ein 20 mal 20 Meter großes Feld zu erkennen. Laura holt unser Hunde-Mensch-Gespann ab, führt uns zum Anfang des Parcours und erklärt den Ablauf. Im Parcours geht es darum, die auf Schildern aufgeführten Anweisungen zu befolgen. Der Hund muss, sofern nicht anders auf dem Schild angegeben, links neben mir die Übungen ausführen „Jedes ‚Halt´ auf den Schildern steht für ein ‚Sitz´“, erklärt Laura. Einige Schilder beinhalten mehrere Übungen, die nacheinander umgesetzt werden. Nach der Erklärung des Parcours, beginnen wir.
Regeln und die Ideen dahinter
Das Entscheidende ist, dass der Hund links nah an unserem Fuß mitläuft. Wir starten mit einem „Halt“. Aus dem „Sitz“ geht es in das „Platz“ und meine Hündin legt sich hin. Das erste Schild ist ein Kinderspiel, dieses Kommando nutzen wir beim Straßenübergang. Als nächstes folgt ein kleiner Slalom, daraufhin ein „Sitz“. Wir machen zusammen eine 180°-Grad-Drehung, als würden wir einem entgegenkommenden Hund ausweichen wollen. Am Ende wieder ein „Halt“. Beim nächsten Schild setzt sich meine Hündin, und ich gehe einige Meter von ihr weg. Ich bleibe stehen, drehe mich um und rufe sie zu mir. Als sie sich vor mich setzt, bekommt sie ein Leckerli. Wir gehen zum nächsten Schild. Auf ein „Halt“ folgt das Abbiegen nach links wie es ständig auf Spaziergängen vorkommt. Und wieder setzen. Nach einer 270°-Grad-Drehung, folgt wie fast immer ein „Halt“. Wir gehen zusammen einen Schritt vor und meine Hündin setzt sich. Eine klassische Übung, um die Aufmerksamkeit des Hundes auf sich zu richten, wenn alles andere gerade spannender ist. Wir drehen uns gemeinsam um unsere eigne Achse, machen einen Schritt vor und noch einmal erfolgt ein „Platz“.
Das letzte Schild liegt vor uns: Ziel. Wir haben den Durchgang gemeistert. Positiv überrascht von der ersten Runde, stellen wir uns in die Warteschlange meiner Freund*innen an, um den Parcours noch zwei weitere Male zu bestreiten.
Abschlussgedanken eines Sportmuffels
Zuhause angekommen lasse ich meine Gedanken kreisen. Als Couchpotato habe ich mich bisher nicht großartig mit Hundesport beschäftigt. Dieser kleine Einblick überzeugt mich, mit dieser Sportart weiterzumachen. Der einfache Aufbau eines Parcours, die wenigen benötigten Utensilien sowie die klare Verständlichkeit der Anweisungen machen diesen Sport für alle durchführbar. Das Erlebnis von Gehorsam durch Spaß und Spiel stärkt nicht nur die Hunde-Mensch-Beziehung, sondern unterstützt das Leben im Alltag. Viele der Kommandos aus dem Rally Obedience sind das A und O jeder Hundeerziehung. Mithilfe der vielen Wiederholungen und den stets positiven Verknüpfungen festigen sich die Kommandos und erleichtern das Leben mit dem Hund ungemein. Damit ist Rally Obidience in dieser pandemischen Zeit eine gute Alternative zur fehlenden Hundeschule.
Meine Empfehlung: Unbedingt einmal ausprobieren. Was man dafür braucht und worauf man achten sollte, steht auf der folgenden Seite.